Wie wird endlich Frieden? Margot Käßmann im Gespräch

Shownotes

Trotz hitziger Debatten rund um die Bundestagswahl in Deutschland darf ein Datum keinesfalls in Vergessenheit geraten: Am 24. Februar jährt sich der Angriff Russlands auf die Ukraine bereits zum dritten Mal. In der Europäischen Union entfachte er eine breite sicherheitspolitische Debatte, wie zukünftig auf die Bedrohung durch Russland reagiert werden muss und wie umfassend die militärische Unterstützung der Ukraine sein darf.

Mit der erneuten Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten kam zuletzt Bewegung in den Konflikt. Die Friedensinitiative der US-Amerikaner geht indes mit unverstellten wirtschaftlichen Erwartungen einher und weckt Zweifel, wie umfassend die Ukraine selbst über ihre Zukunft mitentscheiden darf und welche Rolle die europäischen Staaten dabei spielen sollen.

Auch in den christlichen Kirchen markierte der 24. Februar 2022 eine Zeitenwende – sowohl im ökumenischen Verhältnis zur russischen Orthodoxie, als auch mit Blick auf bisherige friedensethische Überzeugungen. Eine Stimme aus dem Protestantismus, die sich von Beginn an für primär diplomatische Lösungen aussprach und militärische Zurückhaltung anmahnte, ist Dr. Margot Käßmann. Dr. Karin Wollschläger hat mit ihr für "Mit Herz und Haltung" über die aktuelle Friedensinitiative der USA und Auswege aus dem Krieg gesprochen.

Margot Käßmann (Jg. 1958) studierte Theologie in Tübingen, Edinburgh, Göttingen und Marburg. Nach ihrer Tätigkeit als Pfarrerin und später Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages war sie von 1999 bis 2010 Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers. 2009/2010 war sie Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Hinweise:

Interview: Dr. Karin Wollschläger Redaktion: Jonatan Burger, Emily Siegel Intro/Outro, Schnitt und Produktion: Daniel Heinze

Der Podcast wird als Projekt mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

Kommentare (1)

Gerhard PETER

Vielen Dank für diesen beachtlichen Beitrag in Ihrer Reihe! Frau Käßmanns Wort sind immer wieder beeindruckend: Authentisch, weitsichtig, klug - aber auch empathisch, sensibel, auf Verstehen und Verständnis bedacht. Aber klar: auch sie hat keine Patentlösungen für die angesprochenen Probleme parat. Was mir in der Folge fehlte, ist ein näherer Blick auf den ersten "Elefanten im Raum": Putin. Der zweite Elefant wurde wenigstens etwas angesprochen: Trump. Beide sind klassische Egomanen, das wurde klar konstatiert. Beide wollen/machen keinen gerechten Frieden, sondern einen egoistischen. Beide erkennen die Autorität des internationalen Gerichtshofes in Den Haag nicht an. Wie also soll/kann eine diplomatische Arbeit unter diesen Gegebenheiten aussehen? Es braucht doch einen ethischen Grundkonsens, z.B. die Anerkennung des Völkerrechts als Gesprächsbasis!?! Wenn es keine gemeinsame vernünftige Wertebasis gibt, ist auch kein gemeinsamer Weg und keine gemeinsames Ziel und somit kein gemeinsamer Friede in Gerechtigkeit möglich. Mit autokratischen Machthabern, die sich die "Rechtsstaatlichkeit" nach Gutdünken zurechtschneidern und noch dazu die Medienhoheit haben und deshalb die eigene Bevölkerung und weite Kreise der Welt einem perfiden "brainwash" unterziehen und sich dann eine "demokratisch legitimierte Ermächtigung" anzueignen, die sich wahrlich gottgleich wähnen und so verehrt werden, wie soll man mit solchen selbsternannten Göttern vernünftig, menschlich, also human verhandeln? Wir hatten solch einen Diktator schon in Deutschland und wissen, wie viel ihr Wort wert ist, wie unersättlich ihr Hunger ist, wie Verträge nur geschlossen werden, um die Welt zu blenden. Jede neue Annektion wurde irgendwie logisch "gerechtfertigt" und wurde geduldet in der Hoffnung: "naja, diesmal noch, das soll er noch haben, damit er dann endlich Frieden gibt!" Ich bin ganz entschiedener Christ. Ich verehre Gandhi, M.L. King und ihre Ideale der Gewaltfreiheit. Ich habe den Wehrdienst 1980 verweigert und wie Käßmann gegen den Nato-Nachrüstungsbeschluss protestiert. Ich verkünde als Ethik-Lehrer auch die Idee des Christentums als einer Kontrastgesellschaft: Die Weihnachtsbotschaft des Engels an die Hirten lautet "Pax de hominibus bonae voluntatis, Friede auf Erden den Menschen GUTEN Willens!" Alles richtig! Was aber, wenn der Wille der Machthaber kein GUTER Wille ist??? Wie ist dann Friede möglich? Als Gandhi in den 30-er Jahren gefragt wurde, ob sich der Bolschewismus Russlands behaupten würde antwortete er sehr klug und weitsichtig: "Sofern sich ein System auf Gewalt und Unrecht gründet, wird es keine Dauer haben." Die Bibel und die Kirchen sagen (meistens): "Gerechtigkeit schafft Frieden!" Was kann der Gerechte tun, wenn der Mächtige keine Gerechtigkeit will??? Vielleicht nicht einmal kann, weil er ein kranker Egomane ist??? Hier sind UN, Den Haag und Völkerrecht leider machtlose, zahnlose Tiger. Was ich - immer noch als Pazifist - aber sähe, wären Gandhis gewaltfreie Methoden zur Konfliktlösung: Ziviler Ungehorsam und Strategien, die das System der mächtigen Unterdrücker aus den Angeln heben. Der berühmte organisierte Salzmarsch in Indien mag als Beispiel dienen. Was solche Wege und Haltungen aber an Charakterstärke erfordern und an Opferbereitschaft, kann nicht eingefordert werden und schon gar nicht verordnet werden. Dazu kann man sich nur persönlich entscheiden und bestenfalls gegenseitig ermutigen und miteinander befähigen. DAS zu klären, zu verkünden, auszuarbeiten und medial zu propagieren wäre eine Möglichkeit gewesen - wenn man sie rechtzeitig (!) auf breiter Basis wahrgenommen hätte. Sollten wir das in Deutschland und Europa lernen und einüben? Jetzt schon? Staat eine Armee aufzubauen? Vielleicht muss man dazu aber "gezwungen" werden - wie die Menschen in unterdrückten Systemen. Ob die Menschen in der Ukraine das hinkriegen, wenn Putin das Land teilweise oder ganz schluckt? Das fällt mir schwer, zu prognostizieren. Gebe Gott seinen Geist / ihre Geistin dazu! Mit den besten Wünschen, G.P.

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