(Mehr als) Caspar, Melchior, Balthasar?
Shownotes
Die Schwarze deutsche Community fordert seit Jahrzehnten eine Aufarbeitung der deutschen Kolonialverbrechen - lateinamerikanische und afrikanische Theologinnen kritisieren schon seit langem die fehlende Aufarbeitung der christlichen Missionsgeschichte. Forschungstätigkeiten, sogenannte “Völkerschauen”, Kolonialvereine, der Raub von Kunstgegenständen für europäische Sammlungen, Unterstützung der Sklaverei, gewaltvolle Unterdrückung der Aufständigen in den deutschen Kolonien - das alles geschah nicht irgendwo und durch irgendwen, sondern ist auch verbunden mit sächsischen Akteurinnen - und mit Menschen, die sich als Christ*innen verstanden.
Das Internationale Begegnungszentrum St. Marienthal (IBZ) in Ostritz stellt sich deshalb zusammen mit der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen der Aufgabe, Teile der regionalen Kolonialgeschichte Sachsens in verschiedenen Diskursformaten aufzuarbeiten. Das gemeinsame Projekt ”[open] perspectives” nimmt die koloniale Vergangenheit Deutschlands und Sachsens genauer in den Blick. Es geht darum, die lange Zeit vorherrschende Ignoranz gegenüber diesem Thema zu überwinden. Die Hoffnung: die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit im ländlichen Raum Sachsens kann auch unsere heutige Demokratie stärken. Denn: Wer die Gegenwart gestalten will, muss die Geschichte kennen und verstehen.
Zum Einstieg in das ganze Thema ist Patricia Vester zu Gast. Sie ist Künstlerin, Illustratorin sowie Empowerment- und Diversity-Trainerin, bietet Teams Prozessbegleitungen an und entwickelt rassismuskritische Konzepte und Interventionen sowie künstlerisch-kreative Lehrmethoden. Zuletzt erschien das von ihr illustrierte - und in Minute 2:40 erwähnte - Buch “Tag für Tag aktiv gegen Rassismus”.
Aktuell ist Patricia Vester Artist in Residence der Universitäten Jena und Erfurt. Zuvor entwickelte sie Schulprojekte zu kolonialen Themen und war für die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, u.a. mit der Publikation "gelebt" Das kurze Leben der Bilillee Ajiamé Mahbuba, der Videoproduktion "Was ist/das ist eine Intervention", der Entwicklung rassismuskritischer Kulturvermittlung im Schloss Charlottenburg, sowie als Prozessbegleitung und Interventionsgeberin im Kunstmuseum Moritzburg Halle Saale, als Prozessbegleitung für die Stadt Kiel sowie bei der Begleitung einer Kinofilmproduktion tätig.
Hinweis:
Eine Veranstaltung vor Ort zum Thema findet am Montag, 8. Januar 2024 um 19.00 Uhr im Peter-Breuer-Gymnasium Zwickau statt. Unter dem Titel "War Balthasar schwarz? Wie Bilder vom Fremden uns prägen" lädt die Katholische Akademie zu Vortrag und Diskussion mit Dr. Ravinder Salooja, Pastor und Missionswissenschaftler aus Tübingen ein: Nicht immer waren die drei Weisen unterschiedlichen Kontinenten zugeordnet. Was haben Ursprünge und Legitimation von christlicher Mission mit der Identitätsbildung „der anderen“ mit der Fremdmachung von Schwarzen Menschen zu tun?
Als Lektüretipps zum Thema verweisen wir gerne auf
- Andrea Karimé "Alle Kinder Bibel",
- Sahra Vecera "Wie ist Jesus weiß geworden. Mein Traum von einer Kirche ohne Rassismus" und
- BIPoC-Engelfiguren illustriert von Patricia Vester zu finden auf Instagram.
Redaktion: Dr. Thomas Arnold, Dorothea Trappe, Emily Siegel, Jonatan Burger Interview & Produktion: Daniel Heinze
Der Podcast wird als Projekt mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
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